Die persönliche Haftung des Geschäftsführers für Wettbewerbsverstöße der GmbH
Keine grundsätzliche Haftung bei Wettbewerbsverstößen mehr
Bei Wettbewerbsverstößen durch juristische Personen wie die GmbH stellt sich oft die Frage nach der persönlichen Haftung des Geschäftsführers und ob dieser auch persönlich eine Unterlassungserklärung abgeben muss.
Grundsätzlich haftet ein Geschäftsführer für einen Wettbewerbsverstoß der von ihm vertretenen Gesellschaft, wenn er die Rechtsverletzung selbst begangen oder in Auftrag gegeben hat (BGH, Urteil vom 19. Juni 1963, Az. Ib ZR 15/62 – Verona-Gerät). Dieser Grundsatz gilt bis heute. Daneben kam früher eine Haftung des Geschäftsführers hinzu, wenn dieser von Wettbewerbsverstößen der Gesellschaft Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern (Urteil vom 9. Juni 2005, Az. I ZR 279/02 – Telefonische Gewinnauskunft).
Aufgabe der Störerhaftung im Wettbewerbsrecht
Mir Urteil vom 22. 7. 2010 – I ZR 139/08 (Kinderhochstühle im Internet) gab der BGH die Störerhaftung für das Recht des unlauteren Wettbewerbs (UWG) auf. Konsequenter Weise musste der BGH nun auch seine Rechtsauffassung zur Haftung von Organen für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft korrigieren.
Der BGH hat nun mit Urteil vom 18.06.2014 – I ZR 242/12 (Geschäftsführerhaftung) entschieden, dass ein Geschäftsführer nur noch unter bestimmten engen Voraussetzungen für einen Wettbewerbsverstoß neben der Gesellschaft persönlich haftet, nämlich wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. Hiernach muss der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruhen, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist (z. B. Benutzung einer bestimmten Firmierung und dem allgemeinen Werbeauftritt eines Unternehmens, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird). Allein die Kenntnis des Geschäftsführers von Wettbewerbsverstößen der Gesellschaft ist nicht mehr ausreichend.
Der BGH hat damit die sog. Störerhaftung im Lauterkeitsrecht vollständig abgeschafft. Dies hat zur Folge, dass ein Geschäftsführer nicht mehr bereits deshalb für Wettbewerbsverstöße seiner Gesellschaft haftet, nur weil er von ihnen wusste und nichts unternommen hat, diese zu unterbinden. Vielmehr muss nun auch eine Garantenstellung des Geschäftsführers nach deliktsrechtlichen Grundsätzen hinzukommen.
Keine pauschale Verantwortlichkeit des Geschäftführers
Durch die Aufgabe der Störerhaftung hat der BGH einer generellen Haftung des Geschäftsführers neben der Gesellschaft eine Absage erteilt. Die Haftung des Geschäftsführers neben der Gesellschaft kommt nur noch dann zur Anwendung, wenn der Geschäftsführer durch ein aktives Tun an der unlauteren Wettbewerbshandlung beteiligt ist (Täter oder Teilnehmer bzw. Auftraggeber) oder er eine spezielle Garantenstellung innehatte und somit zum Handeln bzw. Einschreiten verpflichtet war. Die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von der Wettbewerbsverletzung ist nicht alleine ausreichend, den Verstoß zu beseitigen. Auch die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründet nicht eine Garantenstellung des Geschäftsführers.
Bisherige Rechtslage
Nach bisheriger Rechtsprechung war das Vertretungsorgan einer juristischen Person für Wettbewerbsverstöße des Unternehmens bereits dann persönlich verantwortlich, wenn das Vertretungsorgan Kenntnis vom jeweiligen Wettbewerbsverstoß hatte und untätig blieb.
Haftung aufgrund Garantenstellung
Eine mögliche persönliche Haftung des Geschäftsführers kann sich ergeben, wenn der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das vom äußeren Erscheinungsbild her typischerweise in den Verantwortungsbereich eines Geschäftsführer fällt und nichts Gegenteiliges festgestellt wurde. Dies ist beispielsweise bei Maßnahmen der Fall, die klassischerweise auf Entscheidungen der Geschäftsführungsebene beruhen werden. Haftungsbegründend ist daher, ob der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist.
Beispiele der persönlichen Haftung
Hiernach haftet der Geschäftsführer persönlich, wenn z. B. die Firma wettbewerbswidrig firmiert oder allgemein unlauter wirbt, da dies Entscheidungen sind, die auf Geschäftsführerebene getroffen werden (vgl. BGH, Urteil vom 30.06.2011, Az. I ZR 157/10 – Branchenbuch Berg). Dasselbe gilt für den allgemeinen Internetauftritt des Unternehmens (vgl. BGH, Urteil vom 19.04.2012, I ZR 86/10 – Pelikan) oder den Inhalt einer Presseerklärung eines Unternehmens, bei der der Geschäftsführer selbst zu Wort kam (vgl. BGH, Urteil vom 17.08.2011, Az. I ZR 108/09 – TÜV II).
Im Ergebnis kommt eine Garantenstellung und somit eine persönliche Haftung des Geschäftsführers immer dann in Betracht, wenn wettbewerbswidrige Handlungen betroffen sind, die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden werden.
Lassen Sie Abmahnungen und Unterlassungserklärungen anwaltlich prüfen
Häufig beobachtet man im Rahmen von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen, dass der Geschäftsführer neben der Gesellschaft persönlich in Haftung genommen wird. Aufgrund der lebenslangen Bindung der Unterlassungserklärung sowie der verheerenden finanziellen Folgen von Verstößen gegen die Unterlassungserklärung sollte ein Geschäftsführer niemals ungeprüft persönlich eine Unterlassungserklärung abgeben.
Fraglich ist insbesondere, wie ein Mitbewerber die Verletzung einer Garantenstellung im Einzelfall nachweisen will. Dies dürfte trotz der sekundären Darlegungsbelastung der abgemahnten Gesellschaft schwer fallen.
Bei einer Abmahnung wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens können Sie mich gerne jederzeit unter Telefon 07171 / 79 80 00 anrufen oder das folgende Kontaktformular nutzen. Gerne helfe ich Ihnen.