Sind Folgeabmahnungen zu erwarten?
Folgeabmahnungen bei Musiksamplern oder Filmen
Viele Mandanten fürchten “Folgeabmahnungen”. Was sind Folgeabmahnungen und wann können sie auftreten? Die Antwort hängt vom Einzelfall ab. Sofern über den Internetanschluss nur 1 Lied oder 1 Film angeboten wurde, sind Abmahnungen für andere Dateien ausgeschlossen. Anders dagegen, wenn man mehrere Filme oder Lieder heruntergeladen hat. Dann können weitere Abmahnungen folgen, allerdings nicht als zwangsläufige Folge der 1. Abmahnung. Stattdessen muss jeder Rechteinhaber den Upload seiner Werke nachweisen. Die Art der Reaktion auf die 1. Abmahnung hat somit keinerlei Einfluss auf weitere Abmahnungen.
Gefahr bei Musikdownloads
Beim Download/Upload ganzer Musikalben mit verschiedenen Künstlern („Musiksampler“) wie z. G. German Top 100 Single Charts, Bravo Hits, Future Trance, Kontor oder The Dome kam es in den Jahren 2009 bis 2013 regelmäßig zu weiteren Abmahnungen. Die Rechte an den einzelnen Liedern konzentrieren sich nicht bei 1 Rechteinhaber, sondern meist bei vielen verschiedenen. Jeder dieser Rechteinhaber darf eine eigene, auf sich lautende Unterlassungserklärung sowie Schadensersatz fordern. Insbesondere bei den sog. Chartcontainern (German Top 100 Single Charts) drohen Folgeabmahnungen. So haben wir im Jahre 2011 bis zu 18 Abmahnungen verschiedener Kanzleien mit einer Gesamtforderung von über € 7.000,00 aus den German Top 100 gezählt. Die damals horrenden Anwaltskosten dieser Folgeabmahnungen konnte man mit sog. vorbeugenden Unterlassungserklärungen (auch vorauseilende Unterlassungserklärung genannt) verhindern, nicht jedoch die Abmahnung generell. Jedenfalls ist die vorbeugende Unterlassungserklärung das schärfste Schwert, um die Anwaltskosten weiterer Abmahnungen etwas zu reduzieren, wobei man die Gegenseite immer noch die Möglichkeit hat, eine Abmahnung auszusprechen und dort den Schadensersatz sowie Auskunft bezüglich des Nutzungsumfangs zu fordern. Die Tatsache, dass man eine weitere Abmahnung tatsächlich erhält, kann man nicht verhindern, nur Teile von deren Forderungen.
Update:
Seit der Gesetzesänderung im Oktober 2013 sind die vormals horrenden Anwaltskosten nun im Durchschnitt auf ca. € 200,00 (sowie Ermittlungskosten) gekürzt worden. Nunmehr stellt bei den meisten Abmahnungen die Schadensersatzforderung die weitaus größere Zahlungsposition dar. Diese kann man mit einer vorbeugenden Unterlasungserklärung jedoch gerade nicht rechtswirksam vermeiden.
Weckt man schlafende Hunde?
Oft ist zu lesen, man wecke „schlafende Hunde” mit vorbeugenden Unterlassungserklärungen. Das ist bei Chartcontainern oder Musiksamplern nicht ganz richtig. Denn hat man die erste Abmahnung erhalten, kann man recherchieren, welche Lieder sich darauf befinden und die jeweiligen Rechteinhaber anschreiben. Die berechtige Frage des Rechteinhabers, warum man denn eine vorbeugende Unterlassungserklärung abgebe, kann man getrost mit dem Hinweis auf eine betreits erfolgte Abmahnung beantworten. Selbstverständlich muss man richtig vorgehen und sich nicht dadurch outen, dass man eine Unterlassungserklärung für ein bestimmtes Werk gibt. Anders auch nicht der Beschluss des OLG Hamburg (Beschluss v. 13.02.2012 – Az.: 3 W 92/11). Die Richter untersagten einer Anwaltskanzlei vorbeugende Unterlassungserklärungen direkt an die Anwaltskanzlei des Rechteinhabers zu schicken, die der Rechteinhaber gewöhnlich beauftragt.
In Fällen, in denen nur der Täter wissen kann, welches Werk im Internet angeboten wurde, kann man tatsächlich die Aufmerksamkeit der Abmahnkanzlei auf sich ziehen. Der Unterzeichner einer Unterlassungserklärung muss sich dann die Frage gefallen lassen, aus welchem Anlass er gerade eine Unterlassungserklärung für das Werk XY abgibt. Das gilt selbst in den Fällen, in denen eine Unterlassungserklärung generell für „Filme“ oder „Musikstücke“ eines Rechteinhabers abgegeben wird.
Stand 2014 birgt aufgrund der veränderten Sach- und Rechtslage die Abgabe von vorbeugenden Unterlassungserklärungen mehr Risiken als Chancen. Immerhin bindet sich der Abgemahnte lebenslang an derart viele Unterlassungsverträge, dass Vertragsstrafen von zehntausenden Euro drohen.
Getrennte Abmahnung von Film und Musik
Die getrennte Abmahnung der unterschiedlichen Lieder auf einem Musiksampler durch die jeweiligen Rechteinhaber ist nicht rechtsmissbräuchlich. Zwar kein Missbrauch im rechtlichen Sinne, jedoch eine nach unserer Ansicht rechtlich unzulässige Vorgehensweise stellt die getrennte Verfolgung der Musik- und Textrechte dar.
Eine Unterlassungserklärung wirkt nicht gegenüber anderen
Es ist nicht möglich, eine Unterlassungserklärung “bezüglich aller Lieder” oder “bezüglich aller Rechteinhaber” z. B. der Bravo Hits oder der German Top 100 Single Charts abzugeben (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2010 – 12 O 51/10 – Keine Drittunterwerfung außerhalb der Nutzerkette im Urheberrecht). Ebenso ist es nicht möglich, eine Unterlassungserklärung an eine Anwaltskanzlei bezüglich „aller von ihr vertretenen Rechteinhaber“ abzugeben.
Zulässig: Erweiterung der Unterlassungserklärung auf alle Lieder/Filme
Wir können die Unterlassungserklärung so modifizieren, dass keine weiteren Abmahnungen desselben Rechteinhabers wegen anderer Filme oder Lieder mehr möglich sind (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 11.11.2010 – 6 W 157/10; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.11.2009 – 2-6 O 411/09). Hüten Sie sich daher vor Mustervorlagen aus dem Internet.