BGH Urteile zum Filesharing
Eine Übersicht über die wichtigsten BGH Urteile zum Filesharing
Der BGH hat mittlerweile zahlreiche Urteile zum Thema der Haftung des Anschlussinhabers beim Filesharing erlassen. Die Urteile befassen sich hauptsächlich mit der Frage, ob und in welchem Umfang der Anschlussinhaber haftet, wenn nicht er, sondern Dritte (insbesondere Kinder, Ehepartner, Verwandet oder Mitbewohner) seinen Anschluss für illegale Filesharing-Aktivitäten genutzt haben.
1. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens
Haftung für unzureichend gesicherten WLAN-Anschluss
Das Urteil „Sommer unseres Lebens“ war das lang erwartete 1. Urteils des BGH zum Filesharing.
Den Inhaber eines Internetanschlusses, von dem aus ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne Zustimmung des Berechtigten öffentlich zugänglich gemacht worden ist, trifft eine sekundäre Darlegungslast, wenn er geltend macht, nicht er, sondern ein Dritter habe die Rechtsverletzung begangen.
Der Inhaber eines WLAN-Anschlusses, der es unterlässt, die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend anzuwenden, haftet als Störer auf Unterlassung, wenn Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Musiktitel in Internettauschbörsen einzustellen.
2. BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 – Morpheus
Haftung von Eltern für illegales Filesharing ihrer minderjährigen Kinder
Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt, so der BGH im Morpheus-Urteil.
3. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare
Haftung für illegales Filesharing volljähriger Familienangehöriger
Der Inhaber eines Internetanschlusses haftet grundsätzlich nicht als Störer auf Unterlassung, wenn volljährige Familienangehörige den ihnen zur Nutzung überlassenen Anschluss für Rechtsverletzungen missbrauchen. Erst wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch hat, muss er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen ergreifen.
Zum Umfang der sekundären Darlegungslast des Abgemahnten.
Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.
4. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I
Zur Indizwirkung der Eintragung von Musiktiteln in der Phononet-Datenbank sowie zur Beweiswürdigung bei Ermittlungsergebnissen bezüglich IP-Adressen
Ist ein Tonträgerhersteller als Lieferant eines Musikalbums in der von der Ph. GmbH betriebenen Katalogdatenbank eingetragen, stellt dies ein erhebliches Indiz für die Inhaberschaft von Tonträgerherstellerrechten an den auf dem Album enthaltenen Musikaufnahmen dar, das nur durch den Vortrag konkreter Anhaltspunkte entkräftet werden kann, die gegen die Richtigkeit der in der Datenbank zu findenden Angaben sprechen.
Der Beweis, dass unter einer IP-Adresse während eines bestimmten Zeitraums Musikdateien öffentlich zugänglich gemacht worden sind, kann dadurch geführt werden, dass ein durch Screenshots dokumentierter Ermittlungsvorgang des vom klagenden Tonträgerhersteller beauftragten Unternehmens vorgelegt und der regelmäßige Ablauf des Ermittlungsvorgangs durch einen Mitarbeiter des Unternehmens erläutert wird.
Der Beweis, dass eine durch das mit den Nachforschungen beauftragte Unternehmen ermittelte IP-Adresse zum Tatzeitpunkt einem konkreten Internetanschluss zugeordnet war, kann regelmäßig durch die vom Internetprovider im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zur Aufklärung von Urheberrechtsverletzungen im Wege des Filesharing durchgeführte Zuordnung geführt werden. Fehlt es an konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlzuordnung, ist es nicht erforderlich, dass ein Tonträgerhersteller nachweist, dass die durch den Internetprovider vorgenommenen Zuordnungen stets absolut fehlerfrei sind.
Der BGH hat außerdem klar gestellt, dass dem Rechteinhaber Schadensersatzansprüche in Höhe von € 200 für jeden der 15 zum Download bereitgehaltenen Dateien mit Musikaufnahmen zustehen.
5. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 7/14 – Tauschbörse II
Zum Umfang der Belehrungspflicht von Eltern minderjähriger Kinder bezüglich Filesharing-Netzwerken
Eltern sind verpflichtet, die Internetnutzung ihres minderjährigen Kindes zu beaufsichtigen, um eine Schädigung Dritter durch eine Urheberrechte verletzende Teilnahme des Kindes an Tauschbörsen zu verhindern. Allerdings genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Nicht ausreichend ist es insoweit, dem Kind nur die Einhaltung allgemeiner Regeln zu einem ordentlichen Verhalten aufzugeben (Fortführung von BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 24 – Morpheus).
Sind Eltern gemäß § 832 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung ihrer Aufsichtspflicht für eine durch die zu beaufsichtigende Person widerrechtlich herbeigeführte Urheberrechtsverletzung verantwortlich, kann der zu ersetzende Schaden nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet werden.
6. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III
Zum Umfang der sekundären Darlegungslast im Hinblick auf die Zugriffsmöglichkeiten auf den Internetanschluss durch Dritte
Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet (Fortführung von BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 – BearShare).
Der sekundären Darlegungslast genügt er nur dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat.
7. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 272/14 – Die Päpstin
Das Angebot eines urheberrechtlich geschützten Werkes zum Herunterladen über eine Internettauschbörse stellt regelmäßig keine nur unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne von § 97a Abs. 2 UrhG aF dar.
Die durch das Gesetz über unseriöse Geschäftspraktiken vom 1. Oktober 2013 mit Wirkung ab dem 9. Oktober 2013 eingeführten Neuregelungen zur Wirksamkeit der Abmahnung und zur Begrenzung der erstattungsfähigen Kosten nach § 97a Abs. 2 und 3 Satz 2 und 3 UrhG nF gelten erst für Abmahnungen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes über unseriöse Geschäftspraktiken ausgesprochen worden sind. Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an
Wird ein durchschnittlich erfolgreicher Spielfilm nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht, so ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter € 10.000 angemessen. Liegt die Verletzungshandlung noch vor dem Beginn der Auswertung mittels DVD, kann auch ein höherer Gegenstandswert anzunehmen sein.
8. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 1/15 – Tannöd
Der angemessene Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs für einen Spielfilm beträgt mindestens € 10.000. Bei einem erfolgreichen Hollywood-Blockbuster oder einer Rechtsverletzung unmittelbar nach Kinostart könnten auch weitaus höhere Beträge angemessen sein. Die Höhe müsse sich nach dem wirtschaftlichen Wert des verletzten Urheberrechts, nach Aktualität, Popularität und Dauer der Rechtsverletzung sowie nach den subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers richten, befand das Gericht
Das Angebot eines urheberrechtlich geschützten Werkes zum Herunterladen über eine Internettauschbörse stellt regelmäßig keine nur unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne von § 97a Abs. 2 UrhG aF. Die € 100,00-Regelung findet bei Filesharing keine Anwendung.
9. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 43/15 – Alan Wake
Wird ein durchschnittlich erfolgreiches Computerspiel nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht, so ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter € 15.000 angemessen. Liegen besondere Umstände vor (z. B. eine in erheblichen Verkaufszahlen zum Ausdruck kommende besondere Popularität), kann auch ein höherer Gegenstandswert anzunehmen sein. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob vorliegend angesichts der vom Kläger geltend gemachten Umstände ein Gegenstandswert der Abmahnung von 30.000 € angemessen erscheint
10. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 44/15 – Scream 4
Wird ein durchschnittlich erfolgreicher Spielfilm nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht, so ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter 10.000 € angemessen.
Das Angebot eines urheberrechtlich geschützten Werkes zum Herunterladen über eine Internettauschbörse stellt regelmäßig keine nur unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne von § 97a Abs. 2 UrhG aF. Die € 100,00-Regelung findet bei Filesharing keine Anwendung.
11. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch
Konkretisierung des Umfangs der sekundären Darlegungslast.
Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Er hat hinsichtlich derjenigen Personen, die selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen, im Rahmen des Zumutbaren Nachforschungen anzustellen und mitzuteilen, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Im Rahmen der den Beklagten treffenden sekundären Darlegungslast bedarf es daher der Mitteilung derjenigen Umstände, aus denen darauf geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem Dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann.
Für die Frage, wer als Täter eines urheberrechtsverletzenden Downloadangebots haftet, kommt es nicht auf die Zugriffsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern auf die Situation im Verletzungszeitpunkt an
12. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 86/15 – Silver Linings Playbook
Zur Störerhaftung für volljährige Mitbewohner und Besucher
Wer WG-Bewohnern oder Gästen den Zugang zum Internet am eigenen PC erlaubt, muss nicht automatisch dafür haften, wenn diese illegal Filme, Spiele oder Musik hochladen
Im dem Verfahren ging es um eine Urheberrechtsverletzung am Film Silver Linings Playbook (I ZR 86/15) und das Thema Störerhaftung. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung ist der Inhaber eines Internetanschlusses grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Mitglieder seiner Wohngemeinschaft oder seine volljährigen Besucher und Gäste, denen er das Passwort für seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihnen die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht.
13. BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 154/15 – Afterlife
Zur Haftung für Ehegatten
Gemäß dem Afterlife-Urteil des Bundesgerichtshofes ist dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses es regelmäßig nicht zumutbar, die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können. Ebenfalls unzumutbar ist es regelmäßig, dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen. Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch den Ehepartner müssen daher nicht mitgeteilt werden, um im gerichtlichen Verfahren die täterschaftliche Haftung abwenden zu können.
14. BGH, Urteil vom 30. März 2017 – I ZR 19/16 – Loud
BGH entscheidet über Auskunftsverpflichtung des Abgemahnten
In seiner Loud-Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof erneut zur sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers geäußert. Im Streitfall hatten die beklagten Eltern dreier und bei ihnen wohnender Kinder sich damit verteidigt, sie wüssten, von welchem Kind die Verletzungshandlung vorgenommen worden sei, wollten dies jedoch nicht mitteilen. Durch diesen Vortrag sah der BGH die dem Anschlussinhaber obliegende sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte als nicht erfüllt an. Denn hierdurch werde dem Rechteinhaber die Rechteverfolgung erschwert. Der Konflikt der widerstreitenden Grundrechte auf Eigentum einerseits und Schutz der Familie andererseits löste der BGH zugunsten des Rechteinhabers mit dem Argument, den Beklagten stehe es frei, Angaben zu machen oder nicht. Die Beklagten könnten ihre Kinder durch Verweigerung der Auskunft schützen und auf eine eigene Rechtsverteidigung schützen. Somit sei der Schutz der Familie gewährleistet.
Demnach sind Eltern verpflichtet, den Namen ihres Kindes zu nennen, wenn sie wissen, dass und gegebenenfalls welches Kind für das illegale Verbreiten verantwortlich ist. Andernfalls haften sie selbst und zwar als Täter.
15. Urteil vom 27. Juli 2017 – I ZR 68/16 – Ego Shooter-Computerspiel
Weiteres Urteil betreffen die sekundäre Darlegungslast bei Ehegatten
In diesem fünfzehnten Urteil des Bundesgerichtshofes zum Filesharing (Ego-Shooter-Urteil des BGH) ging es um das illegale Verbreiten eines Ego-Shooter-Spiels. Der beklagte Ehemann hat die Tat abgestritten und seine Ehefrau als Täterin ins Spiel gebracht. Diese hatte vorgerichtlich die Tat abgestritten. Auch hatte der Beklagte das Spiel nicht auf den Computern im Haus gefunden. Die Bundesrichter sahen die sekundäre Darlegungslast des Beklagten als erfüllt an, da Umstände feststünden, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergäbe. Gerade nicht notwendig war ein näherer Vortrag dazu, was die Ehefrau zu den behaupteten Tatzeitpunkten getan hat, da bis zur Abmahnung fast zwei Monate verstrichen waren oder gar zu beweisen, dass die Ehefrau die Täterin sei. Die Berufung auf das Zeugnisverweigerungsrecht der Ehefrau könne nicht zulasten des Beklagten gewertet werden, weil es an konkreten Indizien fehle, die eine dem Beklagten nachteilige Beweiswürdigung rechtfertigten. Es handele sich auch nicht um eine dem Beklagten zuzurechnende Beweisvereitelung.
16. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2017 – I ZR 186/16 – Konferenz der Tiere
Tauschbörsennutzer sind Mittäter der Urheberrechtsverletzung
Der Teilnehmer einer Internettauschbörse, der Dateifragmente in der Tauschbörse zum Herunterladen anbietet, die einem urheberrechtlich geschützten Werk zuzuordnen sind, das im zeitlichen Zusammenhang mit der beanstandeten Handlung in der Tauschbörse zum Herunterladen bereit gehalten wird, haftet regelmäßig als Mittäter einer gemeinschaftlich mit den anderen Nutzern der Internettauschbörse begangenen Verletzung des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung des Werks.
Damit hat der BGH das LG Frankenthal und dessen zwanghafte Versuche, das Filesharing von Filmen mit fragwürdigen Argumenten zu legalisieren, deutlich abgewatscht. Das Landgericht Frankenthal hatte seine aufgehobene Entscheidung damit begründet, dass es sich bei den angebotenen Dateiteilen nicht um eine lauffähige und konsumierbare Version des Filmes oder von Filmteilen handele. Die Kammer ging sogar so weit, die einzelnen Dateiteile als „Datenmüll“ anzusehen. Letztendlich muss die Entscheidung der Frankenthaler Richter als Müll bezeichnet werden.
Laut BGH ist für eine Urheberrechtsverletzung ausreichend, wenn lediglich Dateifragmente, also kleine Ausschnitte eines Films, Bildes oder Musikstücks – mit anderen im Internet geteilt werden. Zum anderen wirken alle Nutzer der Tauschbörse als Mittäter zusammen, denn jeder lädt sowohl selber Dateiteile herunter und bietet diese Dateiteile auch anderen wieder zum Herunterladen an. Denn aus allen Teilstücken setzt das Tauschbörsenprogramm das Gesamtwerk, also den vollständigen Film, zusammen.
17. BGH, Urteil vom 22.3.2018 – I ZR 265/16 – Riptide
Täter haftet für Abmahnkosten gegen den Internet-Anschlussinhaber
In der BGH-Entscheidung Riptide ging es um die Erstattungspflicht der Abmahnkosten durch den Täter. Der Rechteinhaber hatte zunächst den Anschlussinhaber abgemahnt. Als dieser den eigenen Sohn als Täter benannte, verlangte der Rechteinhaber vom Täter auch die Kosten der ersten Abmahnung gegen den Vater. Zu Recht, so der Bundesgerichtshof.
Der Täter habe, indem er das Computerspiel „Dead Island – Riptide“ im Internet zum Herunterladen bereitgestellt hat, entgegen § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG schuldhaft in die daran bestehenden ausschließlichen Nutzungsrechte des Rechteinhabers eingegriffen. Die Abmahnung des Anschlussinhabers war eine erforderliche Reaktion der Rechtsinhaberin, so dass die durch sie entstandenen Kosten einen vom Täter nach § 249 BGB zu ersetzenden Schaden darstellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zählen zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis adäquat kausal verursachten Rechtsverfolgungskosten. Die schadensersatzrechtliche Erforderlichkeit der Abmahnung ergibt sich in der im Streitfall gegebenen Konstellation aus ihrer Funktion als Mittel der Sachverhaltsaufklärung.
18. BGH, Urteil 17. Dezember 2020 – I ZR 228/19 – Saints Row
Abgemahnte müssen Täter außergerichtlich nicht nennen.
Der Abgemahnte, über dessen Internetanschluss eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde, muss außergerichtlich der Abmahnkanzlei nicht mitteilen, wer Täter der Urheberrechtsverletzung war, ohne dass ihm daraus Kostennachteile entstehen. In dem vom BGH entschiedenen Fall Saints Row hatte der Anschlussinhaber vorgerichtlich auf die Abmahnung lediglich mitgeteilt, dass er selbst nicht der Täter war. Erst vor Gericht nannte er den Täter, der ihm schon nach der Abmahnung bekannt war.
Der Rechteinhaber forderte Schadensersatz vom Beklagten wegen des nutzlosen Rechtsstreits. Nein, sagte der BGH. Da der Beklagte nicht der Täter war, bestand keine Aufklärungspflicht zur Mitteilung des Täters und somit auch keine Schadensersatzpflicht. Aus der Tatsache der Anschlussinhaberschaft oder aus dem abgeschlossenen Unterlassungserklärung entsteht noch keine Sonderverbindung, die vertragliche Nebenpflichten zur Aufklärung auslösen könnten.
19. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – I ZB 38/20
Ein „Anlass zur Einreichung der Klage“ im Sinne des § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 ZPO kann nur angenommen werden, wenn die Klage bei ihrer Einreichung zulässig und begründet war oder jedenfalls zu irgendeinem Zeitpunkt vor ihrer Einreichung zulässig und begründet gewesen wäre. Auf den Fall einer aus objektiver Sicht zu keinem Zeitpunkt aussichtsreichen Klage ist die Vorschrift nicht anwendbar.